Maigret et la vieille dame: Übersetzung S. 45-58

p. 45 Maigret trifft Castaing vor dem Hotel des Strandes.
– Théo ist vor einer Viertelstunde in seinem Zimmer gegangen, sagt ihm der Inspektor.
– Überwachen Sie ihn weiter(hin). Ich werde Valentine guten Abend sagen.
p. 46 Maigret kommt um zehn Uhr vor La Bicoque an.
Er sieht den beleuchteten Salon, und in diesem Valentine, die von ihrem Sessel aufsteht und die einen kurzen unbeweglichen Augenblick bleibt, bevor sie das Licht ausmachen geht.
– Wer ist da? fragt die alte Dame, als sie Maigret niesen hört.
– Ich bin’s, Maigret.
– Entschuldigen Sie, ich mache sofort das Licht an.
Und so leise, als spräche sie zu sich selbst (und leiser, wie für sie selbst):
– Am dümmsten ist, dass ich den Schalter nicht wiederfinde. Ah! Da ist er ja…
Der Salon ist erneut leuchtet, und eine Lampe geht ebenfalls im Garten beinahe über dem Kopf des Kommissars an.
– Ich werde Ihnen öffnen. Sie sehen, ich bin nicht so mutig, wie ich es sage und ich schließe mich gut ein. Ich hätte nicht gedacht (dachte nicht), Sie an diesem Abend zu sehen. Treten Sie ein.
– Hatten Sie keinen Besuch, seit ich das letzte Mal hier war (seit meiner ‚Abreise‘)?
– Niemand. Aber ich bin zu dem alten Mademoiselle Seuret gegangen, um ihr guten Abend zu sagen. Das ist meine nähere Nachbarin, wie Sie wissen.
p. 47 – Haben Sie keine Angst?
– Als ich vorhin Ihre Schritte gehört habe, muss ich zugeben, dass ich Angst hatte. Aber für den Fall, dass (falls) ich einen schlechten Besuch bekomme, hätte (habe) ich eine Idee. Sagen Sie mir, was davon halten (darüber denken): Zuerst mache ich das Licht im Haus aus und dann mache ich es draußen an, um sehen zu können (zu sehen), ohne gesehen zu werden. – Das erscheint mir eine ausgezeichnete Idee.
– Ja aber gerade, als Sie angekommen sind, habe ich vergessen, hinaus anzuzünden.
Sie plaudern ein Moment, nehmen noch ein Glas Calvados, dann geht Maigret.
Er kehrt zu Castaing zurück. Das Licht im Zimmer von Théo ist immer noch an.
– Wie spät ist es (bei Ihnen), Castaing?
– Zwanzig vor elf.
Irgend etwas beunruhigt Maigret.
– Ich lasse Sie [hier] einen Moment zurück. Ich will telefonieren.
Maigret ruft Charles Besson an.
– Sagen Sie mir, Monsieur Besson, hat ihre Frau niemals einen Ring mit einem großen Smaragd besessen?
– Nein.
– Ich bedanke mich bei Ihnen.
Er legt auf, dann ruft er Arlette an.
– Guten Abend Madame Sudre. Ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Hat man Ihnen niemals Schmuckstücke gestohlen?
– Nein, ich glaube nicht.
p. 48 – Haben Sie einen Ring mit einem großen Smaragd besessen?
– Nein und ich erinnere mich [auch] nicht, einen Ring dieser Art gesehen zu haben.
– Ich bedanke mich bei Ihnen. Gute Nacht.
– Ich frage mich , was Théo [gerade] (gut) machen könnte (kann), sagt Castaing zu Maigret, als dieser zurückkehrt. Vielleicht dass er eingeschlafen ist und vergessen hat, [das Licht ] auszumachen.
– Wie spät ist es?
– Mitternacht.
Plötzlich schlägt sich der Inspektor vor die Stirn und sagt:
– Ich habe vergessen, Ihnen zu sagen… Niemand hat mit Théo gesprochen, das stimmt. Aber er ist in die „Bar de la Poste“ gegangen; ich bin auch hineingegangen, um ihn näher zu überwachen, und in dem Augenblick hat ihm der Inhaber/Chef gesagt, dass man ihn am Telefon verlangt.
– Wie spät war es?
– Kurz nach acht. Er hat das Telefon genommen. Er [selbst] sprach nicht. Er hörte zu und sagte manchmal: ja… ja. Ich weiß nicht, wie ich vergessen konnte, Ihnen das zu erzählen. Ich hoffe, dass das nicht wichtig ist, Chef.
Maigret zieht Castaing mit sich ins Hotel.
– Geben Sie mir einen Generalschlüssel, sagt er zum Portier. Und sagen Sie mir, wo das Zimmer von Herrn Besson ist!
– Das ist die 29 im zweiten Stockwerk.
p. 49 Als Maigret das Zimmer betritt, ist es leer.
– Herr Maigret! ruft in diesem Augenblick der Portier. Es hat gerade jemand für Sie angerufen. Man bittet Sie, sofort bei der alten Dame vorbeizukommen.
In einigen Minuten sind Maigret und Castaing vor La Bicoque.
– Das Auto des Doktors ist da, bemerkt Castaing.
Es ist Théo Besson, der ihnen die Tür öffnet.
– Wer ist verletzt? fragt Maigret, während er den Salon betritt.
Er bemerkt auf dem Tisch einen großen Revolver. Er geht in das Gästezimmer hinüber. Ein Mann liegt ausgestreckt auf dem Bett. Der Rücken des Doktors Jolly, der zu ihm geneigt ist, verdeckt ihm sein Gesicht, aber der grobe blaue Stoff der Hose hat Maigret schon informiert: es handelt sich um Henri Trochu.
– Tot? fragt er.
– Ich habe alles getan, was ich konnte, antwortet der Arzt seufzend. Als Valentine mich anrief, bin ich sofort gekommen, aber es war schon zu spät. Ich habe an Sie angerufen.
– Es ist entsetzlich, sagt Valentine. Ich habe geschlafen, als ein Geräusch, das von draußen kam, mich geweckt hat.
– Wo war der Revolver?
– In meinem Nachttisch. Das ist der Revolver meines Mannes. Ich habe einen Morgenmantel angelegt, und bin hinuntergegangen.
p. 50 Ohne Licht zu machen?
– Ja. Ich sah nichts, aber ich habe jemanden gehört, der versuchte, die Tür zu öffnen.
– Haben Sie sofort geschossen?
– Ich weiß nicht mehr. Ich habe durch die Fensterscheiben der Tür geschossen und gehört, wie der Mann zusammenbrach.
– Sie wussten nicht, wer es war?
– Ich hatte keine Ahnung. Erst als ich mich [ihm] näherte, habe ich Henri erkannt. Ich bin zu Mademoiselle Seuret gelaufen, um den Doktor anzurufen.
– Und Théo?
– Ich habe ihn vor der Tür gefunden, als ich zurückkehrte.
– Waren Sie nicht überrascht, ihn zu sehen?
– Wahrscheinlich. Ich weiß nicht. Vergessen Sie nicht, dass ich gerade einen Mann getötet hatte. Warum, glauben Sie, hat Henri versucht, zu mir zurückzukehren?
Maigret antwortet nicht. Er nähert sich Castaing, nimmt ihn mit hinaus und sagt ihm:
– Gehen Sie zum Hotel zurück. Ich muss wissen, ob Théo während des Abends [noch] einen anderen Anruf bekommen hat.
Nach der Abfahrt des Doktors öffnet Valentine den Schrank und nimmt eine Flasche Calvados. In dem Moment, als sie sie auf den Tisch stellen will, reißt Maigret ruppig die Flasche weg (nimmt M. grob die Flasche) und wirft sie auf den Boden.
– Setzen Sie sich, Sie beide! schreit er wütend Valentine und Théo an.
p. 51 – Castaing kommt kurz darauf (bald) zurück.
– Ich habe mit dem (hatte den) Chef des Hotels geredet. Das ist der, der Théo [telefonisch] verbunden hat. Es war ungefähr halb elf. Derjenige, der gesprochen hat, war betrunken.
– Wussten Sie, dass Henri heute Abend nach Étretat kommen würde? fragt Maigret Théo.
– Nein.
– Wären Sie [auch] nach La Bicoque gekommen, wenn er nicht mit Ihnen telefoniert hätte?
– Ich weiß nicht. Das ist möglich.
– Wo waren Sie, als hat ihre Stiefmutter auf ihn geschossen hat?
– Im Garten.
– Wussten Sie, dass sie einen Revolver besaß?
– Ich wusste, dass sie den meines Vaters behalten hatte.
– Seit wann wissen Sie davon?
– Wovon sprechen Sie?
– Hören Sie, Besson, ich empfehle Ihnen, nicht den Dummkopf zu spielen. Seit wann wissen Sie, dass der Schmuck ihrer Schwiegermutter niemals verkauft wurde und dass es die Originale sind, die sie behalten hat, und keine Imitationen, wie sie immer vorgab (sie uns zu glauben machen versuchte)?
p. 52 Valentine schreckt auf und sieht Maigret mit Bestürzung, mit einer unfreiwilligen Bewunderung an.
– Ich habe es immer geahnt.
– Wie sind Sie an den Beweis für das gekommen, woran Sie dachten?
– Ich habe Freunde gefragt, die ich in der Diamantenbranche habe, ob sie etwas über Schmuckstücke gesehen oder gehört haben, mit denen man nicht unbemerkt handeln kann, und daher habe ich erfahren, dass sie nicht verkauft wurden, jedenfalls nicht in Frankreich, und auch nicht [anderswo] in Europa. Und eines Tages hat mir Rose dann einen Ring gezeigt, den sie Valentine weggenommen hatte, und ich habe ihn erkannt.
– Es war kein Zufall, dass Sie Rose kennenlernten (die Bekanntschaft mit R. machten), nicht wahr? Was wollte sie mit dem Ring machen (gedachte sie damit zu tun)?
– Nichts. Sie konnte ihn natürlich nicht tragen. Es war eher eine Art Rache.
– Sie haben wohl gehofft, dass Ihre Schwiegermutter das Verschwinden bemerkt. Geben Sie zu, dass Sie tatenlos zugesehen haben ([sie] haben machen lassen), um zu sehen, wie sie reagieren würde. Sie hätten sich damit begnügt, [mit ihr] zu teilen, nicht wahr, ohne darüber mit Charles und Arlette zu sprechen?
– Ich werde nicht antworten. Ich habe niemanden getötet, und Sie können nichts gegen mich [unternehmen].
p. 53 – Das ist alles, was ich Sie zu fragen haben. Sie sind frei.
Maigret zieht den Ring aus der Tasche seiner Weste und hält ihn in die Richtung der alten Dame.
– Mein Mann war damit einverstanden, sagt Valentine. Er wollte eine alte Frau wie mich nicht ohne Rücklagen zurücklassen. Wenn die Kinder gewusst hätten, dass ich die Schmuckstücke behalten habe, hätten sie sie verkauft.
– Wann entdeckten Sie, dass der Ring fehlte?
– Ich werde nicht mehr auf Ihre Fragen antworten.
– Es ist wahrscheinlich die letzte Woche vor Mittwoch. Rose war die einzige Person, die den Ring genommen haben konnte. Sie haben sicher ihre Sachen durchsucht, ohne etwas zu finden. Als sie am Mittwoch weggegangen ist, sind Sie ihr gefolgt, und Sie sahen, wie sie sich mit Théo in Étretat traf. Und dann haben Sie Angst bekommen (begonnen, Angst zu haben). Sie wussten nicht, ob sie mit ihm darüber gesprochen hatte.
– Ab dem Tag, wo er es gewusst hätte, wäre mein Leben in Gefahr gewesen.
– Sie haben beschlossen, Rose zu töten, und Sie haben eine einmalige Gelegenheit ausgenützt: den berühmten dritten September! Der einzige Tag im Jahr, an dem die ganze Familie hier versammelt ist. Sie kannten die Leidenschaft ihres Dienstmädchens für Medikamente. Abends hatte sie sicher die Angewohnheit, ihr Glas auszutrinken.
p. 54 Sehen Sie, dieses Verbrechen ist ein Verbrechen einer Frau und insbesondere ein Verbrechen einer alten einsamen Frau. Wie sollte ich Sie verdächtigen, wenn das Gift offenbar für Sie bestimmt war? Es war ihre Tochter und ihre Stiefsöhne, die man anklagte.
– Sie haben keinen Beweis für das, was Sie sagen. Das ist wie mit dem Schmuck. Hier sind meine Schlüssel. Gehen Sie hinauf und suchen Sie ihn.
– Ich werde ihn finden. Ich habe nicht zufällig mit Ihnen über die Beziehungen zwischen Rose und Théo gesprochen. Ich wusste, dass Sie aus Angst davor, dass ich Théo befragen und er reden würde, versucht haben, ihn zu treffen, vielleicht wollten Sie ihn auch endgültig zum Schweigen bringen. Ich fragte mich, wie Sie es geschafft haben, sich mit ihm zu treffen ohne gesehen zu werden. Ich dachte nicht an das Telefon.
p. 55 Genauer gesagt, ich dachte nicht an das alte Mlle Seuret, die gleich nebenan wohnt, und dass Sie die Gewohnheit haben, sie zu besuchen. Ich bin mir sicher, wir werden die Schmuckstücke finden bei ihr finden.
– Sie erfinden diese Geschichte, sagt Valentine ihm aufgebracht.
– Sie haben von ihr aus mit Théo telefoniert. Sie haben ihm gesagt, dass Sie mit ihm sprechen wollen, und er war [damit] einverstanden. Aber Sie hatten gar nicht die Absicht, mit ihm zu sprechen. Sie sind intelligent, Valentine! Sie haben Théo gebeten, Sie um Mitternacht besuchen zu kommen, ohne mit jemandem darüber zu sprechen.
„Und Sie, Monsieur Besson, Sie haben jemanden geschickt, der sich an Ihrer Stelle getötet werden sollte (töten lassen sollte). Sie waren erschreckt, weil Sie Valentine kannten und weil Sie wussten, dass sie Ihr Schweigen nicht gerade kaufen wollte. Sie gingen in Ihr Hotel zurück, um nachzudenken. Sie hatten Glück, dass dieser arme Henri, der betrunken war, mit Ihnen telefoniert hatte. Dann haben Sie ihm gesagt, er solle sich um Mitternacht vor La Bicoque einfinden. So war er es, der Valentine in die Falle ging.“
„Meine Glückwünsche, Madame. Der Mord an Rose war schon bewundernswert geplant, aber dieser ist von einer teuflischen Gerissenheit. Sie haben mir sogar an diesem Abend den Trick mit dem Schalters gezeigt, der Sie entlastete, als Sie in Ihrer Erregung geschossen haben, ohne draußen Licht gemacht zu haben. Nur ist es Henri, der tot ist. Der Bruder und die Schwester in der gleichen Woche!“
p. 56 „Wissen Sie, was ich tun würde, wenn ich nicht zur Polizei gehören würde? Ich würde Sie unter der Obhut des Inspektors hier lassen, und ginge nach Yport, um diese Geschichte den Trochus zu erzählen. Ich würde ihnen sagen, wie und warum sie zwei ihrer Kinder verloren haben. Und ich würde sie mit ihren Nachbarn und ihren Freunden mitbringen.“
– Sie haben nicht das Recht, das zu tun! ruft Valentine ihm erschreckt zu. Sie sind verpflichtet, uns zu verhaften!
– Gestehen Sie?
– Ich gestehe nicht. Aber Sie klagen mich an, und Sie haben nicht das Recht, mich hier zu lassen!
– Ich höre den Lärm eines Autos. Das ist sicher die Polizei und die Spezialisten von Havre, die ankommen. Gehen Sie sich anziehen, Madame Besson.
– Und ich? fragt Théo, ohne es zu wagen, Maigret anzusehen.
– Sie werden versuchen müssen, mit Ihrem Gewissen klarzukommen.
In diesem Moment stürzt Charles Besson ins Haus.
– Was ist passiert?
– Ich hätte Sie früher hier erwartet, antwortet Maigret ihm barsch. Warum kommen Sie?
– Als Sie mir eben am Telefon von dem Ring erzählt haben, habe ich mich an ihn erinnert, und ich habe begriffen, dass Théo Recht hatte.
– Weil Sie wussten, dass verdächtigte Théo ihre Stiefmutter verdächtigte, den Schmuck behalten zu haben? Hatte er es Ihnen ihn gesagt?
p. 57 – Er hat es mir nicht gesagt, aber ich habe ihn durch seine Haltung verstanden, als man die Aufteilung [des Erbes] ausgeführt hat. Als Sie mir von dem Ring erzählten, war mir klar (habe ich verstanden), dass Théo irgendetwas versuchen und Valentine es nicht mit sich machen lassen würde.
– Er ist tatsächlich etwas passiert, aber ihr Bruder hat vorsichtshalber, jemand anderes geschickt, der an seiner Stelle sich töten lassen sollte.
– Wer?
– Henri Trochu.
– Wissen die Eltern [es schon]?
p. 58 – Noch nicht und frage ich mich, ob ich Sie nicht beauftragen sollte, ihnen die Nachricht zu überbringen. Schließlich sind Sie ihr Abgeordneter.
– Nach diesem Skandal werde ich es nicht mehr sein. Und Rose? Wer hat sie…
– Erraten Sie es nicht? Ihre Schwiegermutter. Erklären Sie das alles ihren Wählern.
– Aber ich habe nichts gemacht!
– Sind Sie fertig? ruft der Kommissar die Treppe hinauf.
Da Valentine nicht antwortet, liest er die Furcht auf dem Gesicht des Inspektors.
– Haben Sie keine Angst! Diese Frauen bringen sich nicht um. Sie wird sich bis zum Ende verteidigen. Sie weiß, dass man alten Frauen nichts antut (den Kopf alter Frauen nicht abschneidet).
Valentine kam genauso bezaubernd wie beim ersten Mal [die Treppe] herunter, mit ihren klaren Augen, ihrem schwarzen Kleid und einem großen Diamanten.
– Nehmen Sie sie mit, Castaing.
– Kommen Sie nicht mit uns nach Havre?
– Nein. Morgen früh gehe ich die Schmuckstücke bei Mlle Seuret suchen, dann werde ich nach Paris zurückkehren.
In dem Moment, als sie La Bicoque verließ, dreht sich Valentine zu Maigret um und sagt ihm:
– Sie halten sich für schlau, aber Sie haben noch nicht das letzte Wort.

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