„Nathan der Weise“ (G. E. Lessing): Charakterisierung vom Tempelherrn

Charakterisierung vom Tempelherrn anhand einer selbstgewählten Stelle

Gliederung

A. Einleitung
Dramenvorstellung, Charakterisierung des Tempelherrn anhand von IV.2, Frage: was ihn zu einen der positiven Charakteren macht?

B. Hauptteil
Begründung, wieso diese Stelle: Hier kann man sehr gut erkennen, dass er in einem Zwiespalt zwischen eigener Meinung ist, und der Meinung, die ich sein Glauben vorgibt und wie er sich dann für die seine entscheidet.

Kontra:
1. Der Tempelherr will alle Möglichkeiten in Erwägung ziehen, um zum Ziel zu gelangen. Nach dem Motto „Das Ziel rechtfertigt die Mittel.“
a) Der Tempelherr möchte Nathan seine Tochter wegnehmen, nachdem dieser ihm Recha vorenthielt! Er geht zu Patriarchen, um eine Möglichkeit zu erfahren.
2. Er mag die Art seiner Kirche nicht, ist dem eigenen demnach eher abgeneigt
a) Zeile 2454

Wende: Und durch diese anscheinende Abneigung gegenüber seiner eigenen Kirche und die Brutale Art, wie diese vorgeht, kommt der Tempelherr wieder zu seinen eigenen Wege, und versucht dem Gespräch mit dem Patriarchen auszuweichen.

Pro:
1. d.T. ist einsichtig und sich seiner Schwächen bewusst
a) Zeile 2474
2. d.T. ist des weiteren ein sehr bescheidener Mensch
a) Zeile 2454
3. d.T. versucht dann, nachdem er einsah, wie unangebracht seine Kirche vorgehen würde, Nathan mit Argumenten zu beschützen.
a) Zeile 2544, 2552, 2554
4. Entschließt sich, dass er nicht dem Vorschlag seiner Institution folgt, sondern seinen eigenen Weg
a) Zeile 2596

C. Schluss
Der Tempelherr ist seinen eigenen Meinungen noch nicht ganz bewusst. Aber mit der Reife wird jenes auch kommen.

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In dem Drama „Nathan der Weise“ wird davon erzählt, wie der reiche Jude Nathan mit Hilfe seines aufgeklärten Denkens eine Familie wieder zusammen führt. Es ist eine Abhandlung über die theologische Frage, welche der drei großen Weltreligionen die beste sei. Der Tempelherr verkörpert hier mitunter die christliche Religion, dennoch gehört er ohne Zweifel zu den wichtigsten Protagonisten. Doch wie es schafft dieser Christ, in einem solch gutem Licht zu stehen?

Zur genauen Charakterisierung und Darlegung seines Konflikts mit seiner eigenen Meinung und der seiner eigenen Kirche habe ich Aufzug IV, Auftritt 2 gewählt. Der Tempelherr geht hier zum Patriarchen von Jerusalem, um ihn um Rat zu fragen, wie dieser, bzw. die christliche Kirche bezüglich der Tatsache, dass Nathan als Jude ein christlich getauftes Kind aufzieht, reagieren würde. Als er aber von der brutalen und intoleranten Vorgehensweise des Patriarchen erfährt, kommt es zu einer ausschlaggebenden Wende in seinem Verhalten.
Nachdem der Tempelherr sich in die junge Recha, zu dem Zeitpunkt noch Nathans Tochter, verliebt hatte, der Vater ihm aber diese vorenthalten will, scheint er eine Möglichkeit zu suchen Recha Nathan aus den väterlichen Armen herauszureißen. Nachdem Daja, das Kindermädchen Rechas, ihm das Geheimnis anvertraute, dass Recha in Wirklichkeit ein Christenkind ist, und von Nathan nur aufgezogen wird, scheint er eine Möglichkeit gefunden zu haben, sein Vorhaben in die Tat umsetzten zu können. Er beschließt, den Patriarchen von Jerusalem aufzusuchen, und ihn den Sachverhalt im Konjunktiv zu erläutern. Offensichtlich will er durch seine Kirche versuchen, das Christenkind durch seine gottgeschenkte Taufe an sich zu binden und dabei Nathan zu hintergehen. Ihm ist dabei scheinbar jede mögliche Konsequenz, die allein durch seine an den Patriarchen gestellte Frage entstehen könnte, egal, da er sie ohne lange zu zögern stellt. (Zeile 2463 – 2508)
Er ist, wenn es um für ihn wichtige Angelegenheiten geht, sehr direkt, was man auch an Rechas Rettung erkennen kann. Doch durch diese unüberlegte Art zu handeln bringt er sich und andere in höchste Lebensgefahr, in diesem Falle Nathan. Hätte er nur einmal seinen Namen erwähnt, wäre das Drama wesentlich dramatischer ausgegangen!
Als weiteres, was man an ihm zu bemängeln hätte, ist eine scheinbar gewisse Abneigung gegen seine eigene Kirche, bzw. seinen eigenen Glauben. Zu beginn von IV.2 kritisiert er die Art seiner Kirche, sich in Gold und Prunk einzukleiden. (Zeile 2454 f) Diese Abneigung wird mehrmals im gesamten Drama erwähnt. Er ist demnach seinen eigenen Werten nicht vollkommen treu, denen er sich einst vollkommen verpflichtet hat.

Doch genau durch diese gewisse Abneigung seiner brutal erscheinenden Kirche wendet er sich vom Patriarchen, dem Sinnbild in diesem Drama, zugunsten der christlichen Kirche ab und folgt seinen eigenen individuellen Wegen.

Er ging unter anderem zum Patriarchen, wie er es zu Anfang des Gespräches erklärt, um einen Rat von jemandem mit höherem Alter zu erhalten, da es ihm noch durch seine Jugend an Weisheit fehlt. (Zeile 2474) Man kann demnach gut erkennen, dass er trotz seines oft überstürzten Handelns weiß, wo seine persönlichen Schwächen liegen.
Des weiteren zeigt sich diese wissende Bescheidenheit in seinem Verhalten gegenüber dem Prunk seiner Kirche. Er scheint lieber in normalen Verhältnissen zu leben und nicht in jenen Prunk, wie es seine Kirche doch so offensichtlich tut. (Zeile 2454)
Und jene seine Kirche, die er nun gefragt hat, was sie bezüglich des Problems mit dem Judenvater und dem Christenkind machen würde, überrascht ihn mit der brutalen durchgesetzten Gewalt als theoretisch umgesetzte Tat so arg, dass er sein Verhalten sogar umschlägt, und den Judenvater mit passenden Argumenten in den Schutz zu nehmen versucht, wie zum Beispiel dass das Kind ohne diesen elendig umgekommen wäre, oder dass er ihr gar nicht mal die seine eigene Glaubensrichtung zu vermittelt sucht, sondern ein unvoreingenommenes Weltbild in das Kind einzupflanzen will. (Zeilen 25544f, 2552f, 2554f)
Er scheint Dinge nicht gerne auf die gewaltsame Art zu lösen, auch wenn er anfänglich dies bezüglich seines Problems mit Nathan in Betracht gezogen hatte. Doch bleibt er bei seiner möglichst gewaltlosen Art und beschützt, wie es ihn die Templer lehrten, die Schwachen, denn im Vergleich zum Christentum ist Nathan der schwache!
Schließlich entscheidet er sich, seinen eigenen Weg zu gehen, und wendet sich vom Patriarchen ab. Es ist ihm klar geworden, dass seine Kirche den falschen Weg eingeschlagen hätte, wenn er diesem alles erzählt hätte. Die Vernunft ihn ihm will sagen, die aufgeklärte Vernunft ist noch nicht wie, beispielsweise bei Nathan, zur vollkommenen Mündigkeit erblüht, doch der Schritt, den Patriarchen alleine stehen zu lassen, hat ihn und seine Mündigkeit um einiges wachsen gelassen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Tempelherr ein gutes Herz hat, und auch wenn ihm ab und wann in seiner unerfahrenen Jugend einige Missgeschicke unterlaufen, die ihn in ein trübes Licht stellen, schafft er es doch immer wieder, durch nachdenken und Bedachtheit schlussendlich das Richtige zu tun. Wegen diese Gabe, immer wieder aus einer vorerst falschen Entscheidung auf die richtige Art klüger und vor allem weiser herauszukommen, gehört der Templer mit zu den positivsten Charakteren dieses klassischen Dramas. Man könnte sogar soweit gehen den Templer, wenn man die Charaktere als Sinnbild für etwas Bestimmtes ansieht, mit dem Volk gleichzusetzen. Es muss noch lernen, seine Mündigkeit einzusetzen, was nur durch lernen und Fehler machen geschehen kann. Meines Erachtens ist der Templer der mit am besten ausgearbeitete Charakter dieses Dramas und gehört auch zu meinen persönlichen Favoriten, da er weder unmenschlich perfekt, noch unmenschlich engstirnig ist.

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