Analyse und Vergleich dreier Tagebücher

Quelle: Texte, Themen und Strukturen – S. 311-312

Annette Seiler (16 Jahre):

  • schreibt sehr offen, gibt Gedanken und Gefühle preis
  • äußert ihre Wünsche, Hoffnungen, stellt Forderungen
  • „spricht“ mit ihrem Partner bzw. schreibt an ihn (Anrede „du“), obwohl er es nie lesen wird
  • kein absoluter Bericht über einen bestimmten Zeitraum; Vorangegangenes wird zwar mehrfach aufgegriffen, aber auch die Gesamtsituation wird geschildert, eingeschätzt und sich mit ihr auseinandergesetzt
  • Datumsangabe deshalb nur für einen Tag (Sa, 03.09.1983), dafür Zeitangabe (12:00 Uhr) für die Uhrzeit, zu der sie in ihr Tagebuch schreibt

Peter Groebel (18 Jahre):

  • eher nüchterner Berichtstil
  • häufig nur knappe, unvollständige Sätze
  • Situationen und Ereignisse werden nicht kommentiert oder näher erläutert
  • nur sehr alltägliche Inhalte (wie „im Brack baden“), kaum außergewöhnliche Vorkommnisse (vielleicht war einiges für den Autor wichtig, jedoch hat er dies nicht zum Ausdruck gebracht)
  • Gedanken oder Gefühle werden überhaupt nicht beschrieben (nur „äußere Handlung“)

Peter Handke – Journal:

  • allgemein auch eine Art Berichtstil, aber zusätzlich werden Gedanken, Gefühle geäußert (Z. 4 „das Gefühl, ein totes Huhn…“)
  • „Wechsel“ der Erzählperspektive (Z. 9 „ich“; Z. 15-16: passiver Satzbau), d. h. Ich-Erzähler wird teilweise verdrängt
  • Verwendung von Metaphern, Vergleiche (Z. 4-5; 12-13; 19-21) und Symbolen (Z. 15: „Spinne“)
  • wiederholter Einsatz von wörtlicher Rede (Z. 6-7; 22-23)
  • Alltag wird genauestens beobachtet; dem Autor fallen wichtige Details auf (Z. 37-39: „Der Nordafrikaner kriegte nicht wie die andern […] das Papier…“)
  • plötzliche Gedanken wurden einfach (teilweise ohne Bezug zum Vorherigen) nieder geschrieben (Z. 36)

Während Annette Seiler und Peter Handke ihre Gedanken mit aufschreiben, ist bei Peter Groebel nur eine Auflistung von Alltagserlebnissen, festzustellen, die unkommentiert bleiben. Handke setzt teilweise sprachliche und stilistische Mittel wie Metaphern oder Vergleiche ein, um seine Gedanken und seine Gefühle zu beschreiben. Seibler schreibt hingegen in einer sehr offenen Art direkt über ihre Gefühle und äußert auch ihre konkreten Wunschvorstellungen, macht Verbesserungsvorschläge. Bei Handke bleibt kritikfähiges Material (Z. 37f) unkommentiert, was den Leser zum Nachdenken und der Bildung einer eigenen Meinung anregt. Groebel nimmt weder seine innere Handlung mit in seinen Bericht mit auf, noch beschreibt er Details (lediglich grobe, allg. Beschreibung von aufeinander folgenden Ereignissen).

Die Unterschiede zwischen den Texten liegen eindeutig darin, wie offen der jeweilige Autor über sich schreibt (Reihenfolge von sehr offen bis sehr verschlossen: Seiler, Handke, Groebel). Bei Groebel fallen auch keine negativen Situationen auf, oder Probleme, die ihn beschäftigen könnten. Bei Seiler ist sind es die Kommunikationsschwierigkeiten mit ihrem Freund, bei Handke u. a. der Tod eines Freundes (aber auch gesellschaftskritische Ansätze, da er Gespräche mit anderen immer mit etwas Negativem wie dem Tod in Verbindung bringt (Z. 4: „totes Huhn“; Z. 15-16: „…Spinne… getötet“).

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