Beschreibung dreier Skulpturen von Hans Arp: „Menschlich“, „Mondhaft“ und „Geisterhaft“

Beschreibung dreier Skulpturen von Hans Arp:
„Menschlich“, „Mondhaft“ und „Geisterhaft“

Hans Arp: Menschlich. 1950. Bronze, 28 x 22,8 x 17 cm. Privatbesitz.
(Abb. 1) Hans Arp: Menschlich. 1950. Bronze, 28 x 22,8 x 17 cm. Privatbesitz.
Hans Arp: Mondhaft. 1950. Weißer Marmor auf Sockel, 93 x 65 x 50 cm. Sammlung Dotremont, Brüssel.
(Abb. 2) Hans Arp: Mondhaft. 1950. Weißer Marmor auf Sockel, 93 x 65 x 50 cm. Sammlung Dotremont, Brüssel.
Hans Arp: Geisterhaft. 1950. Grauer Kalkstein, 28 x 22,8 x 17 cm. Nachlass Arp, Mendon.
(Abb. 3) Hans Arp: Geisterhaft. 1950. Grauer Kalkstein, 28 x 22,8 x 17 cm. Nachlass Arp, Mendon.

 

Aufgabe:

Beschreiben Sie die Skulpturen von Hans Arp. Auf welche Weise drücken sich an dieser plastischen Gestalt Bezüge zur Natur aus? Beachten Sie das Material!

Die zu beschreibenden Skulpturen stammen allesamt aus dem Jahre 1950 und wurden von dem deutsch-französischen Künstler Hans Arp modelliert. Die erste Skulptur trägt den Titel „Menschlich“, die zweite nannte Arp „Mondhaft“ und der dritten Skulptur gab er schließlich den Namen „Geisterhaft“.

Abgesehen von den unterschiedlichen Merkmalen, Formen, Oberflächen und Gestaltungskriterien der einzelnen Skulpturen fällt erst einmal ganz allgemein auf, dass alle Werke eine besonders freie Grundform haben und zunächst nicht als wirklichkeitsgetreue Nachbildung von etwas anzusehen sind. Dass dennoch Assoziationen mit Dingen aus der Realität bei der Betrachtung und intensiveren Auseinandersetzung mit den Figuren entstehen können, wird später noch beschrieben.

Zur vergleichenden Beschreibung der drei Skulpturen sollte man sich zunächst ihren Größen zuwenden. Von „Menschlich“ und „Geisterhaft“ hebt sich die zweite Skulptur, „Mondhaft“, in ihrer Größe deutlich von denen der beiden anderen ab, da sie mit 93 cm mehr als dreifach so groß ist („Menschlich“ und „Geisterhaft“: beide 28 cm hoch). Auch was die Ausmaße in der Breite anbelangt sticht „Mondhaft“ mit einem nochmals etwa dreifach so großen Wert (65 cm im Gegensatz zu den Breiten der anderen: 22,5 cm). Da auch die Tiefe (50 cm) der Größten der drei Skulpturen wieder einen dreimal so großen Wert hat wie die beiden anderen (17 cm), kann man feststellen, dass diese in ihren Proportionen in etwa dem Gesamtschema der Skulpturengruppe zuzuordnen ist.

Zunächst möchte ich die Bronzefigur „Menschlich“ in ihrem Aussehen und Wirken beschreiben. Durch ihren Glanz, welcher durch die glatt und sauber polierte bräunliche Patina erzielt wird, erscheint die Skulptur dem Betrachter sehr edel. Gleichzeitig vermitteln die weichen, abgerundeten und geschlossen wirkenden Ränder sowie die ebenfalls sehr weichen, Form gebenden Ausbuchtungen und Wölbungen eine gewisse Bewegung. Die Figur, die durchaus Merkmale eines menschlichen Körpers besitzt, scheint so – trotz der dunklen, glatten und edlen Oberfläche, welche auf mich eher einen gemäßigten Eindruck macht – mitten in einer Bewegung oder zumindest in einer bewegten Körperhaltung zu sein. Die fast kugelförmige Wölbung am oberen Teil der Skulptur lässt sich als Kopf ausmachen, die seitlich davon ausgehenden dünnwandigen Partien erscheinen als Arme. Mit einer länglichen Vertiefung unterhalb des „Kopfes“ gestaltet sich das ganze Werk zu einem Körper; jedenfalls erkennt man, je länger man die Skulptur betrachtet, immer mehr menschliche Wesenszüge. So scheint die Person, betrachtet man sie einmal als Ganzes, beispielsweise mit ausgebreiteten Armen herabzublicken. Lichtspiel haucht der Person sozusagen Leben ein, die Szene wird durch die verschiedenen Lichtquellen fast lebendig.

Ohne jetzt wieder auf die, in Relation zu den anderen beiden Skulpturen, enorme Größe der Plastik „Mondhaft“ eingehen zu wollen (diese wird später noch näher betrachtet), möchte ich doch in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die durch ihr Aussehen (Form, Oberfläche) gewissermaßen passiv machtvoll wirkende Marmorskulptur mit ihrer Größe in diesen Eigenschaften noch unterstrichen wird. Der weiße Marmor birgt sicherlich auch etwas Edles in sich, jedoch ist seine Oberfläche etwas matter gehalten als bei „Menschlich“. Insgesamt nimmt man die Plastik sehr viel mystischer, geheimnisvoller und unnahbarer wahr, als man es bei „Menschlich“ tut. Zwar wirkt auch „Mondhaft“ von der Form her durchaus geschlossen – wenn nicht noch geschlossener als die erste Skulptur; möglicherweise sind es die fehlenden tiefen Wölbungen und flächigeren Partien, die dies bewirken – gleichzeitig jedoch empfindet man ihn als träger, unnahbarer. Der Hintergrund gewinnt in diesem Fall eine besondere Bedeutung. Da er komplett schwarz gehalten wurde, divergiert er an den meisten Stellen stark mit der weißen Marmorfigur. Im Mittel der Skulptur jedoch, wo sich großflächige Schatten bilden, verläuft sie nahezu stufenlos in den Hintergrund. Die Hell-Dunkel-Schattierungen auf der weißen Oberfläche geben der Figur zum einen den Glanz des Mondlichts, zum anderen aber auch etwas Nebliges, Verschwommenes, Undurchsichtiges. Die Figur beeindruckt zwar auf gewisse Weise in ihrem mystisch anmutenden Erscheinungsbild und scheint auch beinahe „über den Dingen“ zu stehen (aufgrund von Gestalt und Größe), was durch den Sockel, auf dem die Plastik steht, noch verstärkt wird.

Als letztes Pendant dieser „Gruppe“ gilt es die Kalksteinskulptur „Geisterhaft“ zu beschreiben. Als erster assoziativer Eindruck entsteht zunächst die Vorstellung von etwas Rohem, wenig Bearbeiteten, Ursprünglichen bis hin zum Hässlichen, wenngleich dieser Eindruck schon sehr subjektiv ist. Vor dem Hintergrund einer schlicht weißen Wand entsteht praktisch kein Kontrast zu der ebenfalls weißen Plastik. Zwar ist diese nicht vollkommen weiß, sondern verfügt aufgrund der einseitigen Lichteinwirkung (von links unten) über schattige und damit etwas dunklere (mit einem deutlichen Stich ins Gräuliche) Flächen, die zumindest an den Rändern Konturen bilden. An dieser Plastik sieht man sehr deutlich, dass die Oberfläche des verwendeten Materials, bei dem es sich um grauen Kalkstein handelt, sehr porös und rau ist und mit seinen vielen Flecken und kantigen Partien ganz und gar nicht geschlossen wirkt. Im Gegenteil, man möchte beinahe meinen, dem Stein fehlt etwas – zumindest hat er, wie sein Titel schon verrät, etwas „Geisterhaftes“. Seine zuvor beschriebene Oberfläche wirkt auf den Betrachter eher kalt und abstoßend, als etwas Positives beim ihm zu erwirken. Durch seine Plumpheit wirkt die gesamte Plastik recht träge; dennoch traut man ihr bei genauerem Betrachten eine Bewegung zu, die dann allerdings von größerem Ausmaß wäre. Der rechte Teil der Skulptur scheint nämlich, auf die Gesteinsmasse bezogen, stärker ausgeprägt zu sein als die linke Hälfte. Dadurch wird eine gewisse Unsicherheit angedeutet, die durch die Unscheinbarkeit der Oberfläche mit ihrer rohen, kalten Struktur, im Geheimnisvollen, Geisterhaften verschwimmt.

Unter dem Aspekt des Naturbezugs lassen sich einige der Merkmale der betrachteten Skulpturen entsprechend betrachten. Besonders deutlich wird der Bezug zur Natur meiner Meinung nach am letzten Beispiel, der Skulptur „Geisterhaft“. Der zwar nur geringfügig bearbeitete Kalkstein vermittelt, eben gerade durch diese „Unberührtheit“, einen direkten Natureindruck, wenn man auf das Ursprüngliche in der Natur abzielt. Gleichzeitig lastet der Skulptur aber auch etwas Negatives an – seine Unförmigkeit erscheint zwar natürlich, aber nicht perfekt. Nahezu an Perfektionismus grenzend sind da die beiden anderen Plastiken. Bei der Figur „Mondhaft“ werden die Naturerscheinungen Nebel und Mondlicht bei Nacht wach. Bei der Skulptur „Menschlich“ ist es das Lebendige, was in der Figur aufzuflammen scheint und durch seine zwar künstliche Oberfläche doch in Form und Gestaltung einen Naturbezug herstellt, der sich in der fremdartigen Verkörperung eines Menschenkörpers äußert. Letztendlich wirken Licht und Oberflächenbeschaffenheit stark zusammen, wenn es um die Erzeug eines Natureindrucks geht. So wirkt ein dunkler, bronzefarbener Glanz eher künstlich als natürlich im Gegensatz zu dem matteren Erscheinungsbild der Marmorfigur „Mondhaft“, bei der man an ein fahles Mondlicht denken muss. Offen bleibt schließlich bei der Skulptur „Geisterhaft“, welche Naturentsprechung hier zu suchen ist. Aber gerade diese Offenheit lässt mehrere Assoziationen zu, besonders dann, wenn man es im Kontrast zu den beiden anderen Plastiken sehen möchte.

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