Aufgaben zu Montesquieus Ausführungen über die Gewaltenteilung

Aufgaben:
1.) Welche Begründungen führt Montesquieu für die Gewaltenteilung an?
2.) Welche Aussagen macht er über die Beteiligung des Volkes an der politischen Mitbestimmung?
3.) Vergleiche seine Auffassungen mit den Regelungen unseres Grundgesetzes (Art. 38 und 46)

1.)
Montesquieu ist der Ansicht, dass die (politische) Freiheit in einem Staat nur dann besteht, wenn die Macht darin von niemandem missbraucht wird bzw. niemandem die Möglichkeit zu einem Machtmissbrauch gegeben wird. Denn die Frei-heit eines Menschen ist nach Montesquieu nicht nur das Recht, seine persönlichen Interessen und Wünsche auszuleben, sondern auch, die Würde anderer zu achten also deren Freiheit nicht einzuschränken.

Um also einen Machtmissbrauch zu verhindern, bedarf es nach Meinung Montesquieus einer gewissen „Ordnung der Dinge“, der Gewaltenteilung. Dass ein Staat grundsätzlich über drei Gewalten – die Legislative (gesetzgebende Gewalt), die Exekutive (ausführende G.) und die Judikative (richterliche G.) – verfügen muss, stellt er allem voran.

Allerdings müssen diese Gewalten voneinander getrennt sein, da sonst keine Freiheit bestünde. Wenn ein Monarch oder Senat beispielsweise die Legislative und die Exekutive gleichzeitig in sich vereinen würde, so bestünde die Gefahr, dass er „tyrannische Gesetze“ macht, um sie tyrannisch auszuüben. Auch ein Richter, der gleichzeitig der Exekutive angehören würde, hätte die Macht eines Unterdrückers. Allgemein besteht bei einer Nichttrennung der Gewalten die Gefahr eines Freiheitsverlustes und damit die Möglichkeit für einzelne Personen, mehr Macht auszuüben, als ihnen zusteht.

2.)
„Das Volk als Ganzes müsste in einem freien Staat die gesetzgebende Gewalt haben“, so Montesquieu. Da er jedoch nur wenige Menschen für kompetent genug hält, sinnvolle Gesetze machen zu können, seien Repräsentanten notwendig, die das Volk selbst wählt. Diese Volksvertreter sollen nun später relativ selbstständig entscheiden dürfen, um Verzögerungen bei wichtigen Entscheidungen zu verhindern. Montesquieu findet, dass alle Bürger bei der Wahl der Repräsentanten stimmberechtigt seien sollten, es sei denn, sie leben „in einem solchen Zustand der Niedrigkeit [.], dass ihnen die allge-meine Anschauung keinen eigenen Willen zuerkennt“. Wem eine solche Niedrigkeit zugesprochen werden darf, bleibt offen. Man kann nur vermuten, dass damit einerseits Minderjährige und andererseits Bettler, Tagelöhner und andere zur damaligen Zeit gesellschaftlich als niedrig eingestuft wurden.

Den Angehörigen des ersten und zweiten Standes (er nennt sie „Leute, die durch Geburt, Reichtum oder Ehrenstellungen ausgezeichnet sind“) möchte Montesquieu gewisse Privilegien bei den Wahlen zusichern, damit ihr Anteil an der Gesetz-gebung an das frühere Niveau angepasst ist. Letztendlich bedeutet dies, dass er ihnen ein Vetorecht einräumen will, wo-durch die vom Volk bzw. seinen Repräsentanten verfassten Gesetze angefochten werden können. Gleichzeitig soll das Volk auch das Recht haben, Einspruch einzulegen gegen Gesetze, die die Körperschaft des ersten und zweiten Standes gemacht hat.

3.)
Nach Art. 38, Abs. 1 (GG) sind die Bundestagsabgeordneten der BRD Vertreter des ganzen Volkes und können selbsttätig Entscheidungen nach ihrem Gewissen treffen. Montesquieu verlangt in seinen Ausführungen ebenfalls, dass die Volksver-treter das Recht haben müssen, frei entscheiden zu können, damit in bestimmten Situationen schnell gehandelt werden kann („Es ist nicht nötig, dass die Repräsentanten, die von ihren Wählern eine allgemeine Anweisung erhalten haben, noch eine besondere für jede Angelegenheit bekommen.“). Im Gegensatz zu unserem Grundgesetz darf ein Abgeordneter nicht einmal durch „allgemeine Anweisungen“ zu Entscheidungen gezwungen werden.

Auch das Wahlrecht ist in unserem Grundgesetz etwas anders formuliert, als in den Ausführungen Montesquieus. So wer-den nach Art. 38, Abs. 1 Bundestagsabgeordnete in „allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl“ gewählt. Zum einen ist diese Formulierung präziser, zum anderen schließt sie aber auch aus, dass man aufgrund von ei-nem „Zustand der Niedrigkeit“ kein Stimmrecht hat. Allerdings wird dies auch sogleich durch Abs. 2 wieder einge-schränkt, indem nur Personen, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, ein Wahlrecht zugesichert wird. In dieser Hinsicht ist das Grundgesetz eindeutiger formuliert, als Montesquieus Forderungen, die mehrere Auslegungsvarianten zulassen (s. Aufgabe 2).

Der Artikel 46 unseres Grundgesetzes befasst sich mit der Strafverfolgung von Abgeordneten. So genießt er innerhalb des Bundestags Meinungsfreiheit (mit Ausnahme von Beleidigungen) und auch außerhalb des Bundestages darf er eine straf-bare Handlung begehen, ohne dass er dafür ohne weiteres von der Justiz bestraft werden darf. Grundsätzlich ist dazu nämlich die Genehmigung des Bundestages notwendig, von einigen Ausnahmeregelungen einmal abgesehen. Objektiv be-trachtet wird mit diesem Artikel die Gewaltenteilung, wie Montesquieu sie sich vorstellte, missachtet. Denn hierdurch spricht das Grundgesetz dem Bundestag (also der gesetzgebenden Gewalt) eine richterliche Gewalt zu, indem es über die Bestrafung eines möglichen Straftäters aus den eigenen Reihen selbst entscheiden darf. Montesquieu schreibt, dass ein Richter, der gleichzeitig Gesetzgeber ist, willkürlich Macht über Leben und Freiheit der Bürger hat. Dies lässt sich auch umgekehrt betrachten, also dass ein Gesetzgeber richterliche Gewalt zugesprochen bekommt. Er ist somit in seinen Hand-lungen (zumindest teilweise) nicht eingeschränkt und könnte bei Missbrauch seiner Macht „tyrannische Gesetze“ erlassen, ohne dass er daran von einer anderen kontrollierenden Gewalt (wie Montesquieu es fordert) gehindert werden kann.

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