„Nora“ (Henrik Ibsen): Rollenmonolog der Figur Krogstad

Aufgabe: Schreiben Sie einen Rollenmonolog aus Sicht der Figur Krogstad aus dem Roman „Nora – Ein Puppenheim„.

Mein Name ist Krogstad und ich bin Norweger. Mittlerweile gehe ich auf die Vierzig zu und wenn ich mich zurückerinnere, so kann ich sagen, dass ich mich eigentlich schon immer mit den Rechtswissenschaften beschäftigt habe. Bereits in jungen Jahren, gleich nach meinem Jurastudium (dabei lernte ich übrigens auch Torvald Helmer kennen), habe ich als Anwaltsgehilfe in einer Kanzlei gearbeitet. Ich lernte damals sehr viele Menschen kennen, u. a. auch Christiane Linde, auf die ich später noch zurückkommen werde. Jedenfalls arbeitete ich einige Jahre später selbst als Rechtsanwalt und gründete zusammen mit meiner damaligen Frau eine mittelgroße Familie. Leider kamen damals sehr viele wichtige Aufgaben auf mich zu und mit ihnen auch diese leidige Geschichte von den Dokumenten, die ich selbst unterschrieb, obwohl dies eigentlich nicht meine Aufgabe gewesen wäre. Bis heute habe ich nicht verstanden, warum ich mich deswegen vor Gericht rechtfertigen sollte, aber es kam nun einmal so. Auf geschickte Art und Weise konnte ich mich jedoch -mithilfe meiner langjährigen juristischen Erfahrung- aus der Schlinge ziehen und entging so einer Strafe. Leider hatte mein Ansehen durch diese Angelegenheit stark gelitten und ich musste notgedrungen meinen Anwaltsberuf niederlegen und habe eine Stelle in der Aktienbank bekommen. Zu allem Übel kam noch hinzu, dass meine Frau starb. Auch wenn es an dieser Stelle vielleicht unangebracht klingt, möchte ich trotzdem sagen, dass unser Verhältnis in den letzten Jahren ohnehin schon ziemlich gelitten hatte. Aber genug davon!
Ich war also schon einige Zeit in der Bank beschäftigt, da kam eines Tages im Spätherbst eine gewisse Nora zu mir, die Frau Torvald Helmers, den ich noch aus meiner Studentenzeit kannte. Sie wollte einen Kredit in Höhe von 1200 Speziestalern (=4800 Kronen) aufnehmen, ohne dass ihr Mann etwas davon mitbekommt. Mit dem Geld wollte sie einen Kuraufenthalt finanzieren, den ihr Mann dringend brauchte, da er an einer schweren Krankheit litt. Da Nora und die Ärzte ihm dies aber vorenthalten hatten, durfte er nichts von dem Kredit erfahren. Ich konnte jedoch einer Frau, die kein geregeltes Einkommen hatte, keinen Kredit gewähren und bestand darauf, dass jemand für sie bürgte. Sie kam daraufhin mit einem Schuldschein wieder zu mir, den ihr todkranker Vater unterschrieben hatte, welcher etwa um die gleiche Zeit starb.

Etwa acht Jahre später, also gegenwärtig, taucht plötzlich diese Christiane Linde auf, die ich bereits erwähnt hatte. Torvald Helmer ist inzwischen Direktor der Aktienbank, in der ich angestellt bin. Und da Nora eine Jugendfreundin Christiane Lindes ist, überredete sie heute ihren Mann, dass sie, Frau Linde, eine Stelle in der Bank bekommen soll. Jetzt will mich dieser Helmer entlassen, wo ich mich doch gerade wieder hochgearbeitet habe und meine Söhne auch schon herangewachsen sind. Eine Frau wie Christiane Linde, eine ehemalige Krämerin, soll meinen Platz einnehmen – das ist zuviel für mich.

Auch wenn es nicht gerade die feine englische Art ist, aber ich habe Nora Helmer -so niederträchtig es jetzt auch klingen mag- mit der Wahrheit erpresst. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, meinen Arbeitsplatz zu retten, viel mir nämlich eine kleine Ungereimtheit bei dem angeblich von Noras Vater unterschriebenen Schuldschein auf. Er trägt als Datum den 2. Oktober, obwohl ihr Vater bereits am 29. September gestorben war, wie ich aus der Zeitung erfuhr und mir in meinen Unterlagen notierte. Als ich Nora heute damit konfrontierte, gab sie sofort zu, die Unterschrift ihres Vaters gefälscht zu haben. Und da stellte sich mir die Frage, warum sie so glimpflich davon kommen sollte, während ich bei einer vergleichbaren Situation meinen guten Ruf verlor. Ich stellte sie also vor die Wahl: Entweder, sie bringt Helmer dazu, dass ich meine Stelle behalten darf, oder ich werde ihm und dem Gericht von ihrem Betrug erzählen.

So hatte ich mir mein Leben damals als aufstrebender junger Rechtsanwalt mit Sicherheit nicht vorgestellt. Und deshalb werde ich auch bis zum Äußersten kämpfen, um meinen kleinen Posten bei der Bank zu behalten, damit ich gesellschaftlich wieder den Status erreiche, den ich verdient habe: den eines angesehenen Rechtsanwalts.

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